ISIS-Terror in Europe: Measures after Brussels

In der europäischen Hauptstadt Brüssel zündeten Anhänger der Terrorgruppe Daesh (ISIS) am Dienstagmorgen mehrere Bomben: 31 Menschen sterben, 270 werden verletzt. Die Attentate wurden nach demselben Muster, teils unter Beteiligung desselben Personals, verübt, wie die Anschläge von Paris im November 2015.

Wie so oft nach solchen Ereignissen wird nach Maßnahmen gerufen, die auf den ersten Blick tauglich scheinen, es auf den zweiten aber nur bedingt sind.

What we need is more traditional police and intelligence work — not security bureaucrats behind computer screens, trying to find suspicious patterns in ordinary people’s communications.

Human intelligence is hard, often dangerous and expensive. But that is what it takes. Everything else is part of a counter-productive security theatre.

Der französische Innenminister Cazeneuve fordert dennoch die schnelle Einführung der Fluggastdatenspeicherung. Sylvie Guillaume, Vize-Präsidentin des Europäischen Parlamentes, hält dagegen:

PNR "would have been useless" to stop the explosions in Brussels.

Unterstützt wird ihre Ablehnung von einer Analyse des Centrums für Europäische Politik. Drei Punkte sprächen gegen die Einführung eines Zentralregisters zur Speicherung aller Fluggastdaten:

  1. Unverhältnismäßigkeit: Verstoß gegen das europäische Grundrecht auf Datenschutz (Art. 8 ChGR) und als verdachtsunabhängige Rasterfahndung gegen das deutsche Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
  2. Nutzlosigkeit: Erfahrungen der USA zeigen, dass der Nutzen vernachlässigbar ist. Bis 2010 wurden Fluggastdaten (.pdf) ein Mal für einen Gerichtsprozess verwendet, zwischen Juli 2012 und März 2013 sieben Mal für die Koordinierung (.pdf) von Gesundheitsbelangen innerhalb der USA.
  3. Kosten: Zwischen 221 Millionen und 615 Millionen Euro soll die Einführung kosten. Wie sich diese Zahlen zusammensetzen ist nicht bekannt.

Es gibt jedoch Möglichkeiten dem islamistischen Terror wirksam zu begegnen, vorausgesetzt natürlich, dass das Problem erkannt wird. Nachfolgend seien vier dieser Maßnahmen aufgeführt.

Mehr Personal und Ressourcen

Etwa 450 bis 560 gewaltbereite belgische Dschihadisten haben versucht nach Syrien und Irak auszureisen, die höchste Zahl von Dschihadisten in Europa. Dazu kommen die Unterstützernetzwerke, die logistische Unterstützung, sichere Unterkünfte besorgen. Trotzdem zwei der Terroristen auf einer Terror-Watchlist der US-Amerikaner standen, und ein weiterer erst in belgischer Haft war, nach seiner Freilassung in die Türkei ausreiste um nach Syrien zu gelangen, von türkischen Behörden aufgegriffen und nach Belgien abgeschoben wurde, konnten die belgischen Sicherheitsbehörden die Anschläge nicht verhindern. Belgische Ermittler geben denn auch freimütig zu, dass ihnen Infrastruktur und Personal fehlen, um mit diesen Zahlen umgehen zu können.

“We just don’t have the people to watch anything else and, frankly, we don’t have the infrastructure to properly investigate or monitor hundreds of individuals suspected of terror links, as well as pursue the hundreds of open files and investigations we have,” the official, who spoke on condition of anonymity because he was not authorized to speak to the media, said.

Deradikalisierung und Prävention

"Ein einfaches »Weiter so!« ist keine zufriedenstellende Antwort, wenn sich der Charakter und das Ausmaß der Bedrohung so dramatisch verändert haben. Auch der traditionelle Ruf nach mehr Geld, mehr Perosnal und mehr Befugnissen wird – auf sich allein gestellt – das Problem nicht lösen. Ein neuer, umfassender Ansatz ist nötig – und hierzu gehört neben den traditionellen Instrumenten der äußeren und inneren Sicherheit ein strategischer und glaubwürdiger Ansatz in den Bereichen Prävention, Intervention und Deradikaliserung."

Peter R. Neumann

Auch der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, setzt auf Prävention.

I think this is a domestic issues for all our member countries. We need to combat and to avoid that parallel societies are developing. We need to get in contact with young people who may be radicalised. We need to understand why they are being radicalised. We can do a lot in prisons. We can do a lot in schools.

Nach den Terroranschlägen von Paris hat sich Frankreich nun dazu entschlossen, in den nächsten zwei Jahren zehn Umerziehungszentren für radikalisierte Jugendliche zu bauen. In Deutschland entbrannte 2014 eine Debatte über Prävention und Deradikalisierung von angehenden Terroristen, die aber zwischenzeitlich wohl wieder erlosch.

Haft/Sicherungsverwahrung

Etwa 90 Prozent der beinahe-Dschihadisten könnten mit Deradikalisierungsproragmmen von ihrem zerstörerischen Tun abgehalten werden. Was passiert aber mit den verbleibenden 10 Prozent? Muslimische Länder, die schon länger Probleme mit radikalen Islamisten haben, bieten hier eine recht einfache und wirkungsvolle Lösung an, die in Europa unter dem Namen "Sicherungsverwahrung" diskutiert werden könnte: wer nicht (mehr) deradikalisiert werden kann, der bleibt in Gewahrsam, solange, bis er keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellt.

There it is: would-be jihadists considered a threat to the public are kept in custody until they “get better” or forever, whichever comes first.

Bessere Kooperation zwischen Sicherheitsbehörden der europäischen Länder

Auch wenn Sicherheitsbeamte ob der Machbarkeit skeptisch sind: wer einen Raum ohne Grenzen haben will, der muss auch für die nationale bzw. transnationale Sicherheit sorgen, um auch einen »Raum der Sicherheit« schaffen zu können. Andernfalls erleichtert man Terroristen ihr Geschäft.

The attackers in Paris appear to have moved easily between Belgium and France, and in some cases between the Middle East and Europe. At least three were wanted on international arrest warrants before the attacks but were able to travel freely. And security services are constrained by the inability or unwillingness of countries to share intelligence about potential terrorists, for legal, practical and territorial reasons.

“We don’t share information,” said Alain Chouet, a former head of French intelligence. “We even didn’t agree on the translations of people’s names that are in Arabic or Cyrillic, so if someone comes into Europe through Estonia or Denmark, maybe that’s not how we register them in France or Spain.”

Erste Schritte wurden nach den Pariser Anschlägen beschlossen.

So soll bis Juli in der Zentrale des niederländischen Nachrichtendiensts AIVD in der Nähe von Den Haag ein Anti-Terror-Zentrum entstehen, das den Austausch von Informationen zwischen den Sicherheitsbehörden erleichtern und beschleunigen soll.

Diese Plattform orientiert sich an dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin, in dem Delegierte aller deutschen Sicherheitsbehörden täglich über dschihadistische Gefahren beraten. Das Zentrum in Den Haag soll allen Mitgliedern der sogenannten Counter Terrorism Group (CTG) offenstehen, dem informellen Zusammenschluss der Nachrichtendienste in der Europäischen Union (EU) sowie der Dienste von Norwegen und der Schweiz - insgesamt 30 Behörden.

Ob die ausreichend sind ist fraglich, zumal das Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag (24.03.) eher wie eine Wiederauflage vorheriger Treffen aussah. EU-Innenkommissar Avramopoulos beklagt mangelndes Vertrauen zwischen den europäischen Gehiemdiensten.

"There is a lack of trust [among EU state intelligence agencies], otherwise, things might be predicted and then prevented," he said.

 

Dabei drängt die Zeit. Zwischen 400 und 500 Dschihadisten sollen sich mittlerweile wieder in Europa befinden, ausgebildet im Stile militärischer Spezialeinheiten. Dazu soll es einen Strategiewechsel gegeben haben – weg von möglichst vielen Toten, hin zu möglichst vielen Anschlägen – um die Ressourcen der Sicherheitsbehörden zu binden und die Bekämpfung der Radikalen zu erschweren.

A senior Iraqi intelligence official who was not authorized to speak publicly said people from the cell that carried out the Paris attacks are scattered across Germany, Britain, Italy, Denmark and Sweden. Recently, a new group crossed in from Turkey, the official said.

Aufhalten sollen sich diese Leute in ganz Europa: In Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien, Dänemark und Schweden, wie ein irakischer Geheimdienstmitarbeiter mitteilte.