Am Freitagabend, dem 13.11.2015, haben Terroranschläge Europa erschüttert. Daesh hat die Verantwortung übernommen, und vieles deutet auf ihre Täterschaft hin, gleichwohl besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass eine Al-Qaida nahestehende Zelle die Anschläge durchführte. Die politischen Ausschlachtungs- und Instrumentalisierungsbemühungen lassen nicht lange auf sich warten. Die polnische Regierung nimmt die Anschläge als Vorwand, um ihren Ausstieg aus dem Umverteilungsplan der EU für Flüchtlinge zu erklären.
Die CSU-Männer Markus Söder:
#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen
@Markus_Soeder, 04:35 - 14. Nov. 2015
und Horst Seehofer wollen die Grenzen dichtmachen, genau wie Anhänger der AfD:
Marine Le Pen und der Front Nationale wollen illegale Migranten des Landes verweisen, und zum Schluss Matthias Matussek, der seine Ausführungen auf Facebook zu der Pariser Tragödie und jungen muslimischen Männern, in pietätloser Erika-Steinbach-Tradition, mit einem Smiley garnierte (und dafür inzwischen von der Welt-Gruppe entlassen wurde) – sie alle argumentieren nicht nur gewohnt faktenfrei: Vor allem sind sie willige Helfer bei der Umsetzung der Strategie der Dschihadisten.
Daesh statt ISIS
In seiner Ansprache an das französische Volk bezeichnete Staatspräsident Hollande die Terroristen, wie schon bei früheren Gelgenheiten sein Premierminister Valls, als Mitglieder von Daesh, einer Abwandlung des arabischen Akronyms Da'ish, das, basierend auf einigen arabischen Buchstaben, für „al-Dawlah al-Islamīyah fī al-ʻIrāq wa-al-Shām“, dem arabischen Namen für ISIL, steht. Daesh wird aber noch aus einem anderen Grund verwendet: Es hat eine phonetische Ähnlichkeit mit den arabischen Wörtern Dahes, was „der, der Zwietracht sät“ bedeutet, und Daes, was etwa „der, der etwas unter seinen Füßen zerquetscht“ heißt.
Mit der ersteren Bedeutung, dem sähen von Zwietracht, ist Daesh in Europa gerade sehr erfolgreich. Anstatt den Terror zu verurteilen, und eine gemeinsame Front gegen die Dschihadisten zu formen, unterwerfen sich Söder und Konsorten willfährig dem Kalkül der Terroristen, lassen sich wie Marionetten von ihnen steuern. Auch wenn insbesondere Söder und seine CSU, Matussek und AfD in ihrem anti-aufklärerischen, illiberalen Hass gegen Homosexuelle, ihrer Ablehnung von Gleichberechtigung und der Befürwortung einer starken Rolle der Religion in der Gesellschaft wesentliche Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte mit der radikal islamischen Terrorgruppe Daesh haben, so überrascht doch die Bereitwilligkeit, mit der sie die ihnen zugedachte Rolle spielen.
Logik der Terroristen
Dabei kann ein Gegner wie Daesh nur gemeinsam bekämpft und besiegt werden. Indem sich zum Beispiel Polen unsolidarisch in der Flüchtlingskrise zeigt, demonstrativ nach den Attentaten verkündet, es wolle jetzt erst recht nicht diejenigen aufnehmen, die vor dem Terror des Daesh und des Assad Regimes fliehen, stiehlt es sich aus der Veranwortung und bürdet die Last der Verteidigung dem Rest der EU auf. Gerade mit Blick auf die Bedrohung durch Russland scheint das eine Strategie, die nach hinten losgehen kann.
Indem CSU und AfD die Anschläge instrumentalisiseren, gegen Flüchtlinge agitieren und damit nicht zuletzt auch unsere Gesellschaft spalten, stellen sie sich ebenfalls in den Dienst der Dschihadisten. Deren Vorgehen ist einfach, wie Yilmaz Gülüm veranschaulicht:
Logik der Terroristen:
- Anschlag
- Muslime werden pauschal diskriminiert
- Muslime werden leichter radikalisierbar
- Mehr Anschläge
Dass diese Logik funktioniert, zeigt sich unter anderem in Großbritannien und Frankreich, wo eine Steigerung der Hasskriminaliät gegen Muslime in direktem Zusammenhang zu von Daesh Mitgliedern verübten Attentaten steht. Auch deshalb müssen die Verbündeten des Daesh in Deutschland und Europa – Söder, Seehofer, Matussek, Le Pen, AfD und Pegida – an ihrer Arbeit gehindert werden. Erreichen sie ihr Ziel – die Spaltung – wird es ungleich schwerer, den Dschihadisten die Stirn zu bieten.
Auch muss über neue Strategien nachgedacht werden, immer neue Überwachungs- und Sicherheitsgesetze reichen nicht aus. Eine Willkommenskultur, das aus der rechten Ecke gescholtene #refugeeswelcome, ist ein stabiler und wirksamer Ansatz gegen den Hass. Die Existenz gemeinsamer Werte verbindet und verbündet die Menschen. Diese Verbindung sah der frühere US-amerikanische Präsident Abraham Lincoln in der Unabhängigkeitserklärung. In Bezug auf den Zuzug und die Integration von Migranten aus Europa stellte er in der Lincoln-Douglas-Debatte in Chicago 1858 fest:
„[W]hen they look through that old Declaration of Independence they find that those old men say that 'We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal,' and then they feel that that moral sentiment taught in that day evidences their relation to those men, that it is the father of all moral principle in them, and that they have a right to claim it as through they were blood of the blood, and flesh of the men who wrote that Declaration, (loud and long continued applause) and so they are. That is the electric cord in that Declaration that links the hearts of patriotic and liberty-loving men together, that will link those patriotic hearts as long as the love of freedom exists in the minds of men throughout the world.“
["Wenn sie die alte Unabhängigkeitserklärung durchsehen werden sie finden, dass jene alten Männer schrieben 'Folgende Wahrheiten erachten wir als selbstverständlich: daß alle Menschen gleich geschaffen sind', und dann fühlen sie, dass diese moralische Empfindung, die in diesen Tagen gelehrt wurde, ihre Beziehung zu jenen Männern bezeugt, dass sie die Mutter allen moralischen Prinzips in ihnen ist, und dass sie das Recht haben diese moralische Empfindung in Besitz zu nehmen as wären sie vom selben Blut und Fleische der Männer, die die Erklärung geschrieben haben, denn das sind sie. Dies ist das elektrische Kabel in jener Erklärung, welches die Herzen von patriotischen und freiheitsliebenden Menschen verbindet, das jene patriotischen Herzen solange verknüpft, wie die Liebe zur Freiheit in den Gedanken der Menschen weltweit lebt." (meine Übersetzung, F.W.)]
Menschlicher Umgang mit Flüchtlingen in Europa
Daesh missfällt gerade der menschliche Umgang der Europäer mit muslimischen Flüchtlingen: Es läuft ihrem Freund/Feind-Narrativ zuwider, mit dem sie Gewaltexzesse legitimieren und neues Kanonenfutter rekrutieren.
You know what pissed off Islamist extremists the most about Europe? It was watching their very humane, moral response to the refugee crisis.
@iyad_elbaghdadi, 21:17 - 13. Nov. 2015
Ihre Daseinsberechtigung besteht ihrer Auffassung nach in dem Kampf der rechtgläubigen Muslime, also ihnen, gegen den gottlosen, dekadenten Westen. Um die Flüchtlinge zu denunzieren, die vor Assads Truppen und Daeshs Terror fliehen, haben sie einen gefälschten syrischen Pass (ein Reporter der britischen DailyMail will einen identischen Pass gekauft haben, was wahrscheinlich ist, denn offenbar existieren mehrere Pässe des toten syrischen Soldaten "Ahmad Almohammad", auf den der Pass ausgestellt war) an einem der Tatorte von Paris deponiert. Dass er gefunden wurde, gehörte zum Plan.
Folgsam nun spielen Markus Söder und seine Kumpane in Polen, Ungarn und Frankreich die Rollen, die Daesh ihnen zugedacht hat – und leisten damit ihren Beitrag zum Gelingen des Werkes der Dschihadisten.