Die erste Etappe von Kigali nach Ruhengeri war schön. Einfach schön. Das Wetter war gut, es war warm aber nicht heiss, die Aussicht war atemberaubend, die Lkw, Taxi und Busfahrer offenbar nüchtern und auch nicht allzu zahlreich, die Strecke hügelig und kurvig, die Straße gut. Doch mit Anbruch der Dämmerung begann das Elend. Es wurde kalt, verständlich und voraussehbar, schließlich befand ich mich im ostafrikanischen Hochland. Dann wurde die Straße schlechter und war immer noch kurvig.
Je dunkler es wurde, desto weniger konnte ich sehen. Logisch, natürlich, aber mit dem kleinen Fernlicht, dachte ich, hätte ich eine Chance. Je dunkler es wurde und je weniger ich sah, desto mehr Schlaglöcher durchfuhr ich. Auf die Dauer machte das vor allem meinem Licht zu schaffen. Erst viel das Fernlicht aus, ok dachte ich mir, man kann auch noch langsamer fahren. Dann allerdings, bumms, saß ich plötzlich im Dunkeln. Und mit „im Dunkeln sitzen“ meine ich richtig im Dunkeln sitzen. Ich fuhr mit etwa 50 km/h und auf einmal war es finster. Schwarz. Nichts.
Ich saß mitten in der Einöde. Die Strasse war ziemlich schmal und immernoch fuhren dort die verrückten Bus- und Lkwfahrer recht schnell, nur dass sie diesmal vermutlich schon ein bißchen einen genommen hatten, gegen die Angst vermute ich. Als ich daran dachte bekam ich auch ein wenig Angst. Allerdings hatte ich mitgedacht, es war nicht das erste Mal, dass mein Frontlicht aufgab, und mir gleich zwei weitere eingepackt. Dazu kamen mein SwissTool und eine Taschenlampe, und schon war ich mitten im ruandischen Busch dabei mein Licht zu reparieren. Wenn ich jedoch dachte ich würde mich jenseits jeglicher Zivilisation befinden, so hatte ich mich getäuscht. Es dauerte nicht lange, und die ersten Handylampen tauchten auf. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, etc. pp.. Erst kam ein hilfsbereiter Ruander, nahm mir den Schraubenzieher ab (irgendwie scheinen Ostafrikaner nicht glauben zu können, dass Weiße nicht nur Motorradfahren können, sondern auch in der Lage sind eine Lampe einzubauen) und schraubte das Gehäuse auf. Dann kam ein zweiter und nahm mir die Lampe ab. Der dritte bemächtigte sich meiner Taschenlampe und die anderen zehn standen herum und gaben gute Ratschläge, leider in Rwandese oder Swahili, so dass ich sie nicht verstehen konnte.
Nach etwa einer halben Stunde waren wir dann fertig. Ich startete recht eilig, aus Angst sie könnten nach Geld fragen, das Moped, dankte allen, wünschte ihnen eine gute Nacht, und machte mich auf den Weg. Das Licht funktionierte zwar, aber auf einer kurvigen, bergauf bergab Strecke war die kleine Funzel, der kleine Lichtkegel, der sich Fernlicht nennt, immer noch zu wenig. Auf der anderen Seite hatte ich die Nase voll, mir war kalt, ich hatte Hunger, und schlafen wollte ich auch irgendwann. Also gab ich Gas. Wahrscheinlich war das eine gute Idee.
Manchmal ist es schwierig zu entscheiden wo die Hauptstraße weitergeht. Während ich mit meiner Entscheidung haderte geradeaus gefahren zu sein, fuhr ich über einen Huckel. Bei näherer Betrachtung entpuppte sich dieser Huckel jedoch als etwa 30 Zentimeter tiefe Wasserrinne, die mich, hätte ich sie nicht quer überfahren, in den sicheren Tod geführt hätte. Während ich überlegte, ob ich rechts hätte abbiegen müssen, driftete ich nach rechts, bemerkte meinen Fehler jedoch und fuhr nach links. Dabei überquerte ich besagte Rinne. Hätte ich nicht in diesem Moment nicht nach links gelenkt, wäre ich aus dieser Rinne nicht mehr heraus gekommen, und hätte mit Tempo 60 wenigstens den Asphalt geküsst. Schlimmstenfalls wäre ich den Abhang zu meiner Rechten heruntergestürzt. Nach diesem Weckruf, mit zusätzlichem Adrenalin versorgt, setzte ich meine Fahrt ein wenig langsamer fort. Ein Schild, das besagte „Ruhengeri 20“ machte mir neuen Mut, und nachdem ich einen Steinbruch passiert hatte, in dem offenbar Baumaterial für eine dringend notwendige Straßenausbesserung gebrochen wurde (schließlich ist Ruhengeris Haupteinnahmequelle der Gorillatourismus), erreichte ich Ruhengeri.
Endlich in Ruhengeri angekommen, erwartete mich eine Überraschung. Das Hotel in dem wir schlafen würden war zwar recht teuer, hatte aber fliessendes Wasser, und, zu meinem höchsten Glück, heißes, nein nicht warmes, heißes fließendes Wasser. Ich genoß also für die nächste halbe Stunde die erste warme heiße Dusche seit zwei Monaten. Danach gab es ein leckeres Pfeffersteak, eine 1 auf meiner Zahnstocherskala (die Zahnstockerskala geht von null bis zehn, wobei zehn bedeutet, dass man nach dem Fleischgenuss zehn Zahnstocher braucht, um die Zähne zu reinigen), und ein kühles Bier. Danach ging es ins Bett.
Da es in Ruhengeri ausser Gorillas nichts zu sehen gibt, und man ohne Führer und ohne teure Erlaubnis nicht in den Nationalpark vordringen darf, entschieden wir uns nach Kabale und wenn möglich noch weiter Richtung Queen Elizabeth National Park (QENP) zu fahren.
Diese Etappe zählte vermutlich zu den besten der ganzen Reise. Sie war landschaftlich reizvoll und fahrerisch sehr anspruchsvoll. Mehr als einmal wünschten wir ein Dirtbike (Motocross) zu fahren.
Zuerst kam der Grenzübergang. Man kann sicherlich vieles über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Uganda und Ruanda sagen, der augenfälligste ist jedoch die Sauberkeit. Während in Ruanda die Städte und Straßen sauber sind, d.h. frei von Müll, herrscht in Uganda das totale Müllchaos. Insbesondere die Grenzstadt Kisoro demonstrierte dies recht eindrucksvoll.
Nachdem wir Kisoro und den Kisoro-Airport, eine Piste, die von einer Strasse gekreuzt wird und deswegen erst auf den zweiten Blick als Flughafen zu erkennen ist, hinter uns gelassen hatten, ging es auf Sandpisten hinauf in die Berge.
Die Panoramen waren wieder einmal atemberaubend. Kein Pauschaltourist, der das zwanzigfache von dem was wir zahlten zahlen würde, würde diese Aussichten jemals geniessen können. Ich denke, dass hier die Bilder für sich sprechen.
Erwähnenswert ist einzig der Anspruch an den Motorradfahrer, und hier muss ich Mike ein großes Kompliment machen, auch wenn er es nicht lesen kann: Mit Jessica auf dem Rücksitz hätte ich diese Strecke weder so geniessen können, noch hätte ich sie ohne Stürze (im Gegensatz zu Mike und Jess -;)) bewältigt, obwohl ich trotz meiner fehlenden Fahrerlaubnis doch wahrscheinlich der bessere Fahrer bin -J. Erst ging es auf Sand geradeaus, dann auf Sand bergauf und auf Sand bergab. Dann fuhren wir durch richtigen Regenwald, mit grossen Bäumen und Buschwerk und roter Erde und Lkw, die Tropenholz nach Japan brachten. Danach kamen Teile der ugandischen Infrastrukturinitiative zum Tragen, als wir nämlich über Schotterpisten wackelten. Zwischendurch wieder Teer und Sand und Matsch. Ich denke, die Vorteile eines Visiers werden hier klar deutlich. Und immer dieser Blick auf Täler aus einem anderen Jahrhundert, Seen (Lake Bunyonyi), und Berge und Wälder. Für mich war das der Höhepunkt der ganzen Tour. Ich wünschte ich könnte diesen Text in Englisch schreiben, so dass Jessy und Mike auch etwas davon haben. Immer wieder hielt ich an um Fotos zu schiessen oder kleine Clips zu drehen. Danach schloss ich zu Mike und Jessy auf, die mit einem etwas schwächeren Moped ausgerüstet und zu zweit ein wenig langsamer waren als ich.
In Kabale angekommen suchten wir uns das teuerste Restaurant am Platz aus, das Hauptmenü zu etwa UGX 6000 Schillinge, machten Dehnübungen, und aßen zu Mittag. Während dessen erklärte uns ein anscheinend netter Herr, wie wir von Kabale aus am besten Richtung QENP kämen. Seinen Erklärungen zufolge wären wir in nur ein paar Stunden dort. Nach der Rast also suchten wir zunächst einen Motorradersatzteilehändler (für sowas muss man das Deutsche einfach lieben J) auf. Das heisst, wir fanden einen nach einer beinahe einstündigen Irr- bzw. Suchfahrt durch das etwa 10000 Einwohnernest Kabale. Ausgerüstet mit mehreren Ersatzglühbirnen brachen wir auf zum Safaripark.